TAG 10: Hauseinweihungsparty

Schnell verging die Zeit unserer Reise. Wir trafen jeden Tag auf so viele neue Menschen und ihre Schicksale und lernten neue Orten kennen, dass man über die gewonnenen Eindrücke kaum noch reflektieren konnte  – schon kamen neue dazu. Damit ich den Reiseblog und unseren Instagram-Account aktuell halten konnte, baute ich mir zwei "Laptop-Blöcke" in den Reisealltag ein: Einmal bevor es losging von 6 bis 9 Uhr und einmal zum Tagesabschluss, oft bis 1 Uhr nachts. Meistens hatte ich also nicht mehr als 5 bis 6 Stunden Zeit zum Schlafen. Das machte sich aber kaum negativ bemerkbar, weil die Motivation und die Spannung so dermaßen hoch waren, unsere Geschichten nach Deutschland zu schicken und zu erleben, was der neue Tag mit sich bringt – da war die Müdigkeit schnell besiegt. 

 

Ich fühlte mich langsam viel sicherer und bewegte mich, wo das ging, immer freier in der Umgebung. Ich wollte mehr über die Projekte und die Menschen erfahren! 

Gestern Nacht hatte ich Gregor noch mitgeteilt, dass ich erst jetzt richtig angekommen sei und mich auf den heutigen Tag so richtig gut vorbereitet fühle, dass ich so ungefähr wisse, was auf mich zukomme. Da habe ich mich gewaltig getäuscht...

 

Die tägliche Autofahrt führte uns durch den unverständlichen Verkehr und den Staub von Juba erstmals doch ins Grüne, das war schön. "And here we are", sagte Sister Maila und zeigte auf ein Riesenplakat vor uns. Ich musste zweimal gucken, weil ich meinen Augen nicht traute: Das waren wir! Oder zumindest unsere Köpfe, von Gregor und mir, darüber der Willkommensgruß: "Hearty Welcome!" Wir waren verlegen, freuten uns aber riesig. Afrikanische Tänze und Livemusik, die die MusikerInnen und TänzerInnen fast in einen Trancezustand versetzten, dazu viel Gesang, als der Wagen anhielt – wir wussten nicht wohin. Die Tänzer kamen uns ganz nah, zum Glück war ich gedanklich vorbereitet und konnte die Kamera schnell herauszuholen. Das muss man sich wirklich ansehen – einen Link zu den Videos wird es in Kürze auf der Homepage geben.

 

Die Menschen feierten eine Art Hauseinweihungsparty – die DESWOS ermöglicht hier, im Stadtteil Kapuri den Bau von 25 Wohnhäusern. Einige davon waren nun nahezu fertiggestellt und warteten darauf, dass ihre EigentümerInnen zum ersten Mal über die Hausschwelle treten. Uns erwartete also eine Eröffnungsfeier, die aus zehn Stationen bestand. An jedem Haus warteten die neuen BewohnerInnen, einige Sisters und zwei Priester auf uns. Es hieß also: Keine Zeit verlieren! Einmal schnell eine kurze Rede am Mikro halten, sogar ich durfte nach Gregors Einführung ran. Da wir einen Dolmetscher hatten, ließ die Reaktion auf unsere Worte kurz auf sich warten, aber dann war sie immer eindeutig: Ein lautes und hohes "Ai, ai, ai, ai", meistens von Frauen als Ausdruck der Freude gerufen, ertönte im Raum.

 

Der Nachmittag bestand dementsprechend aus zehn kurzen Fahrtstrecken, wobei wir als Projektpartner die Ehre hatten, gemeinsam mit den zukünftigen BewohnerInnen das Band bei der Eröffnung zu zerschnippeln  – und das natürlich zehn Mal! Der Aufgabe nahm sich Gregor an, während ich immer wieder versuchte, die Zeremonie aus einer neuen Perspektive aufzunehmen. 

 

Die Freude der Menschen war greifbar, endlich ein Dach über dem Kopf zu haben, bei dem man sich nicht bei jeder Regenzeit und den dann häufigen Starkregen oder in Hitzeperioden  neu Gedanken um die Gesundheit der Familie machen muss. Ein geschützter Schlafplatz für die Kinder, mehr Sicherheit und für die meisten die große Chance, die wenigen Finanzmittel in Essen und Schulkleidung und Schulbücher zu investieren, statt in Reparaturen für das Haus. Eine große positive Lebensveränderung für alle Familien, ein Neustart, Hoffnung auf eine bessere Zukunft!

 

Das war der Tag, von dem ich behauptete, ich wäre auf die Geschehnisse vorbereitet. Aber das war ich nicht.

…Und auch morgen sollte es nicht anders kommen.

Ivo Kamenov

Ivo ist begeisterter Fachmann in Bezug auf alles, das mit Social Media und Pixeln zu tun hat. So ist er im Team Presse beim GdW für den Social Media-Auftritt und die Onlinekommunikation zuständig. Er produziert Fotos, Videos und Grafiken. Bei der DESWOS unterstützt Ivo seit 2019 tatkräftig die AG Social Media in Sachen Content und Marketing.

Mit 1.000 Fragen und Ideen, seiner Kamera und DESWOS-Projektbetreuer Gregor Peter hat Ivo sich am 19. November 2021 auf die Reise zu den Hilfe zur Selbsthilfe-Projekten in Afrika gemacht.