Ende des letzten und Anfang diesen Jahres war ich für drei Monate privat in Südafrika, unter anderem in Kapstadt und habe Matchbox besucht, die langjährige Partnerorganisation der DESWOS im Township Mfuleni. Dort lernte ich Mavis Ngcongolo und Jacqui Nomfezeko Sithole kennen. Mavis ist die Direktorin einer Matchbox-Kita und Jacqui die Pädagogin und Sozialarbeiterin.
Südafrikas Bevölkerung ist jung
Für mich war es wichtig, den Besuch bei Matchbox auch im Kontext von Bildungsprojekten in Townships zu sehen. Dabei geht es nicht nur um eine Anlaufstelle, sondern um ein Zuhause für Jungen und Mädchen, während die Eltern tagsüber arbeiten. In diesem Kontext habe ich ein paar Fakten recherchiert, die mich doch sehr schockiert haben. In Südafrika sind 54 Prozent der Bevölkerung zwischen 10 und 35 Jahre alt. Jede oder jeder Zweite ist demnach relativ jung. Statistisch gesehen, wird eins von drei Kindern von einem einzelnen Elternteil aufgezogen, häufig auch von der Großmutter. Wenn diese einzige Person arbeitet, dann sind diese Kinder tagsüber auf sich alleine gestellt – und zwar in einem Township! Vereine, Kinderkirche oder Jugendzentren, wie ich sie aus meiner Kindheit kenne, gibt es im Township einfach nicht, oder nur in sehr geringem Ausmaß.
Kinder dürfen Kind sein
Hier kommt Matchbox ins Spiel. Die Seecontainer, die zu Kitas umgebaut wurden, waren einfach ausgestattet, aber mit allem, was man braucht. Bei Matchbox gibt es klare Regeln. Mittags beispielsweise wird geschlafen. Es gibt Kitas, in denen 15 Kinder schlafen und in anderen deutlich mehr. Ganz pragmatisch nebeneinander auf
dünnen Matratzen. Das ist schon super gut für die Verhältnisse in einem Township im Südafrika. Mich hat es sehr demütig gemacht, als ich das sah. Luxusdiskussionen wie etwa in deutschen Kitas, wie wir es schaffen, dass die Kleinen im eigenen Bettchen schlafen können, gibt es da nicht.
Bei Matchbox dürfen die Kinder Kind sein und sich mit Gleichaltrigen weiterentwickeln. Jede Kita ist mit Spiel- und Lehrmaterial ausgestattet. Es wird gemalt und gebastelt. Und es gibt learning classes, Förderunterricht, natürlich für jede Altersgruppe. Gesprochen wird in Xhosa und auf Englisch. Das ist wichtig, weil die Kinder später nur zur Schule gehen können, wenn sie Englischkenntnisse haben. Matchbox setzt damit also einen Baustein für die Zukunft.
Mit Struktur, Anker und Lebensmittelpunkt gegen Gewalt in Townships
Vor meinem Besuch habe ich mich mit den sogenannten Townships beschäftigt. Sie stammen aus der Zeit der Apartheid und gehören fest zur Geschichte Südafrikas. Der Hintergrund war, dass die schwarze Bevölkerung zwangsumgesiedelt wurde, weil sie in der Innenstadt von Kapstadt nicht willkommen war. So entstanden die heutigen Townships.
In Kapstadt und in den Townships gibt es Gewaltprobleme, vor allem innerhalb der jüngeren Generation. Vor Ort gibt es viele Herausforderungen. Hier nur ein Auszug der Perspektiven: Jugendliche sind beispielsweise intensiv von Drogen oder Klebstoff abhängig. Gang-Gewalt, Hunger, Geldprobleme, soziales Elend – alles Themen an jeder Straßenkreuzung im Township. Bis zu neun Menschen pro Tag werden in Kapstadt umgebracht! ….Wie soll sich da ein Kind entwickeln, einfach nur so auf der Straße, umgeben von Gewalt? Vor diesem Hintergrund ist es extrem wichtig, schon den kleinen Kindern ein Zuhause zu geben, ihnen eine Struktur zu schaffen, für sie ein fester Anker und Lebensmittelpunkt zu sein. Deshalb sind Bildungsprojekte, wie Matchbox, so unglaublich wichtig.
Mit viel Liebe, Herzblut und Passion
Matchbox hat es geschafft, mit ganz einfachen Mitteln in einer sehr schwierigen sozialen Umgebung eine Infrastruktur aufzubauen, die für
viele Kinder zu einem Zuhause werden kann. Auch gerade in der Corona Zeit, wo viele Jobs weggefallen sind, weil auch die Tourismusindustrie komplett eingebrochen ist. Das kostet Arbeitsplätze. Das kostet letzten Endes das Mittagessen auf dem Tisch. Matchbox hat dafür gesorgt, dass es mittags für die Kinder ein Essen gibt, oft das einzige gesunde Essen.
Ich moderiere viel zu Themen aus der Entwicklungszusammenarbeit und habe bei Matchbox schon genau hingeschaut. Ich finde das Projektkonzept sehr gut gemacht, weil es nicht top down ist, sondern bottom up, also konkret an den Bedürfnissen orientiert. Ich konnte sehen, mit wie viel Liebe, Herzblut und Passion da gearbeitet wird. Das hat mich beeindruckt, vor allem wegen der wirtschaftlichen Auswirkungen, unter denen Südafrika gerade zu leiden hat.
Projekte wie Matchbox unbedingt weiterführen
Ich wollte auch wissen, was so etwas kostet? Ein gebrauchter Seecontainer, der umgebaut wird, kostet etwa 8.000 Euro. Für den Umbau zu einem Küchencontainer, oder mit Toiletten und Waschmöglichkeit braucht Matchbox etwa 12.000 Euro. Das sind alles Richtpreise, denn die Preise gehen natürlich auch in Südafrika gerade alle durch die Decke.
Übrigens, die Toilettencontainer habe ich mir natürlich auch angesehen. Die waren wirklich gut. Die möchte auch ein Mädchen in der
ersten Phase ihrer Periode nutzen. Machtbox war das erste DESWOS-Projekt, das ich persönlich kennenlernen konnte. Für mich ist ganz klar: Wir müssen Projekte wie Matchbox unbedingt weiterführen, weil Bildung ein wichtiger Baustein ist, die Armut zu bekämpfen. Dafür brauchen wir mehr Mitglieder und mehr Geld. Wir sind so Viele bei der DESWOS. Mit 600 Wohnungsunternehmen, die bei uns Mitglied sind. Was mir aber gar nicht bewusst war, dass es beim GdW 3.000 Wohnungsunternehmen gibt.
Ich, als Botschafterin, möchte noch sagen: Ich würde mir wünschen, dass wir bald die Tausend „knacken“!